Wenn Tradition zur Ware wird

Ob total überzogene Preise für Schemen von bekannten Schnitzern oder schlechte "Masken", die auf Verkaufsplattformen als "echte Villinger Schemen" angepriesen werden – teure Fehlkäufe können durchaus vermieden werden. Die Preisspirale für Villinger Schemen reisst nicht ab. Für besondere Werke gehen da mal locker 5.000 bis 10.000 Euro über den Tisch. Klar, das sind tolle Stücke – aber eben immer noch "nur" Holzmasken und im besten Fall Gebrauchsgegenstände.

Verständlich, dass alte Werke, wie etwa seltene Ölmüller-Schemen o. ä. bei Fasnetsenthusiasten Begehrlichkeiten wecken und es auch nachvollziehbar machen, dass der ein oder andere bereit ist, etwas tiefer in den Geldbeutel zu greifen. Was ich jedoch bedaure: Viele dieser Schemen werden gar nicht mehr getragen. Stattdessen verschwinden sie als Wertanlage in Privatsammlungen, hängen als reine Dekoration an der Wand oder werden im Tresor aufbewahrt. Es passiert immer häufiger, dass Händler gezielt Schemen aufkaufen, um sie später für das Mehrfache weiterzuverkaufen – und das auf Kosten der echten Fasnetsbegeisterten. Besonders die jungen Hästräger haben dadurch kaum noch eine Chance, an eine gute Scheme zu kommen. Nicht zuletzt ist das auch für uns Schemenschnitzer ein unbefriedigender Zustand. Wir sind bemüht, unsere mit Liebe hergestellten Werke zu fairen Preisen anzubieten und sie damit jedem zugänglich zu machen. Wir schnitzen unsere Schemen nicht als Spekulations- oder Renditeobjekte.

Als wäre das nicht genug, tauchen immer öfter schlechte Schemen - vorwiegend im Internet - auf. Gerade vor der Fasnet werden auf Onlineplattformen häufig angebliche "Villinger Schemen" angeboten, die mit unserer Fasnet wenig bis gar nichts zu tun haben. Besonders bitter: Es gibt immer wieder Käufer, die darauf reinfallen. Da wird dann für relativ kleines Geld eine Scheme gekauft, die eigentlich nichts wert ist. Im Zweifel empfiehlt es sich immer, vor einem Kauf mit der Historischen Narrozunft in Kontakt zu treten, denn oft wissen es Kaufinteressenten einfach nicht besser. Besonders junge Fasnetsfreunde freuen sich über ihre erste Scheme und merken erst später, dass sie einen teuren Fehlkauf getätigt haben.

Mein Tipp: Wer sich eine Scheme zulegen will, sollte sich vorher ausführlich informieren und nicht vorschnell kaufen. Im Zunftblättle der Historischen Narrozunft wird jedes Jahr eine Liste empfohlener Schemenschnitzer veröffentlicht. Eine schöne Scheme eines von der Historischen Narrozunft anerkannten Schnitzers kostet zwischen 1.300 und 2.000 Euro. Zugegeben, immer noch viel Geld, doch jede echte Villinger Scheme entsteht in liebevoller aufwendiger Handarbeit und steht voll und ganz in der Villinger Schementradition. Lange Wartezeiten sollte man in Kauf nehmen - die gehören in Villingen dazu. Ein Villinger Narrohäs ist keine Anschaffung, die man einfach mal so in einem Geschäft kaufen kann. Man spart und freut sich darauf. Denn nur auf diesem Wege, weiss man sein Häs später auch wertzuschätzen und kann mit Recht stolz darauf sein. Von dubiosen Internet-Angeboten sollte man sich daher nicht blenden lassen. 

Gern stehe ich allen, die Fragen haben, mit Rat zur Seite. Und wer sich vor der Anschaffung einer Villinger Scheme unsicher ist, kann sich auch direkt an den Brauchtumsauschuss der Villinger Narrozunft wenden sowie beim Narro- und Mäschgerleobed vorbeischauen.